#19zuviel

Lange war es ruhig, nach offizieller Lesart. Doch nach der Selbstenttarnung des sogenannten “NationalsozialistischenUntergrunds” (NSU) im November 2011 war das Erschrecken groß, konnten sich Politik und große Teile der Mehrheitsgesellschaft schlicht nicht vorstellen, dass von (Neo-)Nazis tatsächlich Gefahr ausgeht. Ja, sogar tödliche.
Im Oktober 2019 zieht ein “vermutlicher Einzeltäter” an Jom Kippur durch das Paulusviertel in Halle an der Saale und tötet zwei Menschen. Hauptsächlich getrieben von Antisemitismus und Antifeminismus, war das Ziel ein Massenmord an den jüdischen Besucher*innen der Synagoge von Halle. Wieder ein “Alarmzeichen”, in “Deutschland unvorstellbar”.

Im August 1979 werden zwei Vetragsarbeiter* in Merseburg (Sachsen-Anhalt) von (Neo-)Nazis getötet. 1980 kommt es zum Attentat auf das Münchner Oktoberfest – 13 Menschen sterben und 211 werden teils schwer verletzt – und in Erlangen werden der Rabbiner und Verleger Shlomo Lewin und seine Lebensgefährtin Frida Poeschke ermordet. Laut Amadeu-Antonio-Stiftung wurden allein seit 1990 mindestens 198 Menschen durch rechte Gewalt getötet (+ 12 Verdachtsfälle), davon 19 in Sachsen.

Der Lebensweg vieler von Nazis und der Mehrheitsgesellschaft als “nichtdeutsch” Wahrgenommener, vieler aus sozialchauvinistischen Gründen aus der gesellschaftlichen Mitte Ausgeschlossener, wurde begleitet von Gewalt, wird es noch heute.

Antifaschist*innen, die sich seit Jahren, seit Jahrzehnten dem Hass und rechter Gewalt entgegenstellen, sind oft genug selbst damit konfrontiert, fühlen sich alleine gelassen.
#Baseballschlägerjahre

Drei Tote durch rechte Gewalt in 2019 sind ein “Alarmsignal”, ein “Alarmzeichen” und “in Deutschland unvorstellbar”? Mordende, vor allem gezielt mordende Rechte immer wieder nur “Einzeltäter”?

#19zuViel soll zeigen, dass rechte Gewalt alltäglich ist und wirklich alle treffen kann, aber meist die Marginalisierten trifft. Die nach dem Bekanntwerden rechter Gewalt erprobte, hohle Betroffenheitschoreografie der hiesigen Mehrheitsgesellschaft muss endlich aufhören, den Menschenfeindinnen und Brandstifterinnen muss das Handwerk gelegt werden! Rechte Gewalt beginnt nicht erst mit dem Tritt gegen den Kopf. Sie beginnt mit einer gesamtgesellschaftlichen Stimmung, in der Menschen nach Herkunft, Konformität und Verwertbarkeit selektiert werden. In der das Image des Standortes mehr zählt, als die Unversehrtheit nichtrechten Lebens und kritische Stimmen wider dem rechten Zeitgeist. Eine Stimmung, in der der Bundesinnenminister tönt: “Nie wieder!”, aber das Engagement gegen Rechts diskreditiert, ja kriminalisiert wird und lieber (Neo-)Faschist*innen zugehört wird, anstatt den Betroffenen rechter Gewalt.

Werte Mehrheitsgesellschaft, nimm diese rechte Scheiße endlich ernst und bekämpfe sie, anstatt Faschos ständig klein oder nach dem Maul zu reden! Rechte Gewalt ist für Viele hierzulande Alltag und wer aus einer menschenverachtenden Ideologie heraus tötet, ist kein Einzeltäter!

19 zuviel:

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