Aufruf und Überblick rund um den 13. Februar 2018

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Alle Jahre wieder und kein Ende in Sicht!

Nach jahrelanger, intensiver Kritik am Dresdner Gedenkzirkus, am Umgang der Stadt mit dem jährlichen (Neo-)Naziaufmarsch und den letztlich erfolgreichen Blockaden dieses Großereignisses im Nazikalender, scheint es so, als ob das kollektive, öffentliche Rumgeopfer, wenn schon nicht Geschichte, dann doch wenigstens auf dem Weg dahin sei.

Nicht einmal mehr zwei Wochen bis zur Dresdner Nabelschau rund um den 13. Februar, und es bleibt festzuhalten, dass es ungewöhnlich ruhig ist um die besonderen Tage der hiesigen Selbstzufriedenheit. Die Lokalpresse erscheint relativ unaufgeregt, die ausgebombte Seele hält sich (noch) zurück mit ihrer selbstgerechten Interpretation der Geschichte. Also alles gut? Schließlich ist alles gesagt. Der Mythos der unschuldigen Stadt widerlegt und die Bombardierung historisch eingeordnet. Dass die Nazis mit ihrem “Trauermarsch” das Gedenken für ihre Propaganda missbrauchen, scheint inzwischen ein Allgemeinplatz – die Abgrenzung ist vollzogen, zumindest dem äußeren Schein nach. Obwohl bürgerliches “Gedenken” und (neo-)nazistisches “Trauern” in Form und Inhalt teils nicht zu unterscheiden waren, distanzierte man sich von den “Ewiggestrigen”. Was hier allerdings nicht dazu führte, dass die sogenannte Zivilgesellschaft gegen Menschenverachtung und (Neo-)Nazismus auf- und einsteht. Wenn überhaupt, dann ging man hier “gegen jeden Extremismus und die Vereinnahmung des Gedenkens” auf die Straße.

Nun sind die Positionen vom “Schlussstrich”, “Schuldkult” und den “Deutschen als Opfer eines Kriegsverbrechens” wieder in der Öffentlichkeit gegenwärtig. Dresden steht inzwischen synonym für Pegida und Dunkeldeutschland – zu Recht. Mit wöchentlicher Redundanz und massiver Hetze ist die Stimmung in der Stadt noch weiter nach Rechts gerückt. Politiker*innen, “Wissenschaftler*innen” und die (lokalen) Medien gaben ihnen eine Bühne – mit Rechten solle man reden, es seien ja keine Nazis. Nach über drei Jahren Pegida, AfD und Co. sind Tabus gefallen. Positionen und Inhalte sind nun (wieder) offen sagbar, die vor Jahren noch denen zugeschrieben wurden, von denen man sich inzwischen doch abzugrenzen versuchte – NPD, JN und Co, den Nazis eben.

Als Nazis der Opfer des “alliierten Bombenholocausts” gedachten, war der Aufschrei berechtigterweise groß. Als Bernd Höcke im Ballhaus Watzke vom “Denkmal der Schande im Herzen der deutschen Hauptstadt” sprach und Jens Maier, immer noch am Dresdner Landgericht angestellt und sich selbst als „stellvertretender Ortsgruppenleiter“ (Ein originärer Begriff der Struktur der NSDAP.) beschreibt, den “Schuldkult” für beendet erklärte und in bestem NS-Sprech vor der „Herstellung von Mischvölkern“ warnte, gab es deutliche Kritik. Solcherlei Vorfälle werden mit steter Regelmäßigkeit zum Skandal, doch nur mit geringer Halbwertszeit. Konsequenzen bleiben aus. Und das hat System, ist Strategie der “Neuen Rechten”. Skandale werden produziert, Grenzen ausgetestet und letztlich verschoben – Tabubrüche werden zur Normalität.

Mit der “Alternative für Deutschland” (AfD) ist nun erstmals seit 1945 eine faschistische Partei im Bundestag vertreten. Eine Partei, die offen die Werte einer pluralistischen und in Ansätzen emanzipierten Gesellschaft in Abrede stellt. Nach dem sächsischen Spitzenergebnis zur Bundestagswahl, steht zu befürchten, dass die AfD zur Landtagswahl 2019 die Möglichkeit erhält, Regierungsverantwortung in Sachsen zu übernehmen. Auf dem Weg dahin wird die AfD weiter versuchen in Dresden zu punkten: aktuell mit dem offiziellen Schulterschluss der Partei mit Pegida und in zwei Wochen am 13. Februar mit dem Gedenken an die Bombardierung der Stadt. In seiner Rede am 17. Januar 2017 im Ballhaus Watzke thematisierte Bernd Höcke die Bombardierung Dresdens, wohl wissend um die Zugkraft des Themas. Die Bombardierung sei »ein Kriegsverbrechen« und »vergleichbar mit den Atombombenabwürfen über Hiroshima und Nagasaki.« Den Alliierten warf er vor: »Man wollte uns mit Stumpf und Stiel vernichten, man wollte unsere Wurzeln roden. Und zusammen mit der dann ab 1945 begonnenen systematischen Umerziehung hat man das auch fast geschafft. Deutsche Opfer gab es nicht mehr, sondern nur noch deutsche Täter.«

Seit 1998 brachten Dresdner Nazikreise diese Formulierungen und Ansichten jedes Jahr anlässlich des 13. Februars in Dresden auf die Straße. Und sie waren jahrelang mit ihren “Trauermärschen” anschlussfähig, denn in der Breite der Dresdner Bevölkerung waren diese Positionen anzutreffen. Nach den zumindest offiziellen Diskursverschiebungen und den erfolgreichen Blockaden der jährlichen Nazi-Großaufmärsche, ist es nun 20 Jahre später die AfD die das Rad wieder zurück zudrehen versucht und damit jene in Dresden hinter sich weiß, die all die letzten Jahre schon nicht bereit waren, die Bombardierung Dresdens als etwas anderes als ein “alliiertes Kriegsverbrechen” zu betrachten. Echauf­fie­rte man sich über die nationalistischen, revisionistischen und rassistischen Auswürfe der originalen Trauermarschnazis noch, so erklingen jetzt die gleichen Töne von Denen, die angeben die “Mitte der Gesellschaft”, den “normalen Bürger” zu vertreten.

Der Fokus der antifaschistischen Aktivitäten lag rund um den 13. Februar häufig auf dem (Neo-)Naziaufmarsch. Doch auch wenn dieser noch immer bis zu 700 Teilnehmer*innen auf die Straße bringt und nicht unwidersprochen bleiben darf, sind es nicht mehr der “Gedenkmarsch” der mit offen geschichtsrevisionistischen Positionen anschlussfähig ist. Und auch nicht der notorische Holocaustleugner Gerhard Ittner wird mit seinem diesjährigen Auftritt in Dresden tatsächlich gesellschaftliche Relevanz entfalten. Es ist die AfD, die es derzeit schafft mit nationalistischen, geschichtsrevisionistischen und rassistischen Positionen gesellschaftlichen und politischen Einfluss zu nehmen. Deshalb ist es auch die AfD, der wir am 13. Februar in Dresden entschlossen entgegen treten müssen. Wir werden ihre Kundgebung nicht ungestört, ihre Propaganda und Hetze nicht unwidersprochen lassen. Haltet euch den 13. Februar frei, beteiligt euch an Gegenprotesten, genauere Infos folgen!

Antifas aus Dresden

 

Überblick

Zum Überblick der 5. Jahreszeit in Dresden rund um den 13. Februar empfehlen wir euch den Artikel des Antifa Recherche Team Dresden. In Kurzform hier alle wichtigen Dates:

(Neue) Nazis:

  • 05.02.-13.02. „Aktionswoche“ der Nazis
  • 10.02. Fackelmarsch der “Freien Kameradschaft” – Innenstadt (Maik Müller)
  • 12.02. Pegida-Aufmarsch – Innenstadt
  • 13.02. AfD-Kundgebung / Kranzniederlegung – Innenstadt Altmarkt
  • 13.02. Heidenauer Wellenlänge – Frauenkriche/Neumarkt
  • 13.02. Abend, Stilles Gedenken (Seite an Seite mit Neonazis) – Frauenkirche
  • 14.02. Politscher Aschermittwoch  AfD – Raum Pirna (Angekündigt: Bernd Höcke, André Poggenburg, Andreas Kalbitz sowie Jürgen Elsässer)
  • 17.02. Nazi Aufmarsch – vermutlich von Innenstadt über die Neustadt (Holocaustleugner Gerhard Ittner)

Gegenproteste:

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