Bericht zur Demonstration “Kein Viertel für Nazis!”

Am 05. Juli 2019 haben 800-1000 Menschen auf der Demonstration “Kein Viertel für Nazis” gezeigt, dass sie keinen Bock auf Nazis und Sexist*innen in ihrem Viertel haben.

Plakate zund Sticker beeinflussten das Bild der Äußeren Neustadt bereits im Vorfeld der Demo

Schon im Vorfeld der Demonstration haben wir es mittels Plakaten, Flyer, Pressearbeit und einer Kundgebung geschafft auf unser Anliegen aufmerksam zu machen. Neben einem großen Graffiti,mit welchem wir am 1. Juli auf die 17 rechte Morde seit der Wende in Sachsen aufmerksam machen wollten, wurden 1000 Plakate, 5000 Sticker und 4500 Flyer verteilt, die stellenweise noch immer das Erscheinungsbild der Äußeren Neustadt Dresdens beeinflussen.

#17zuViel – unter diesem Hashtag können im Internet weitere Informationen und Aktionen anderer Aktivist*innen zur Sache gefunden werden

Die Leute im Viertel fühlten sich ermutigt, wieder über die unsäglichen Zustände zu diskutieren. Sie fühlten sich ermächtigt, sich zu organisieren und ihre Wut auf der Demonstration zum Ausdruck zu bringen. Das zeigen uns Zuschriften im Vorlauf sowie infolge der Demonstration.

Zur Bunten Republik Neustadt wurde ein Transparent am Alaunpark aufgehangen, das auf die Demo hinwieß. Twitter: @LBBDK

Die Demonstration

Pünktlich um 18 Uhr ging es am Freitagabend los. Vor der St. Pauli Ruine kamen bereits rund 300 Leute zusammen, aus welchen während der Startkundgebung circa 800 wurden. Die Kundgebung begann mit einem Redebeitrag, in dem es darum ging, warum wir ausgerechnet die Neustadt als Nazi-Problem-Viertel wählten. Ebenso wurde ein kurzer Blick in die Vergangenheit geworfen. Dieser sollte aufzeigen, dass es zwar immer schon derartige Probleme gab, die Neustadt sich einst jedoch als ein durchaus solidarischeres Viertel präsentiert hat.
Weiterhin wollten wir klar machen, dass diese Problematik auch andere Viertel betrifft, beispielsweise das Hecht. Unweit von der St. Pauli Ruine befinden sich zwei Orte, an denen (Neo-)Nazis als Geschäftstreibende agieren und ihr menschenverachtendes Weltbild alltäglich und mitten in unseren Vierteln herumtragen können. Bevor sich die Demonstration in Bewegung setzte, wurde noch ein Aufruf zur #Unteilbar-Demonstration vorgetragen, welche am 24. August 2019 in Dresden stattfinden wird. An dieser Stelle möchten wir euch auffordern, daran teilzunehmen und euch gern auch schon im Vorfeld einzubringen.

Fronttransparent des Demonstrationszuges. Twitter: @Pixel_Roulette

Lautstark zogen wir die Rudolf-Leonhard Straße herunter, wo sich weitere Menschen anschlossen. Am Tabakladen des AfD-Politikers Hans-Jürgen Zickler lud Martin Plötze (AfD Spitzenkandidat Dresden Neustadt) zum Gespräch mit den Anwohner*innen, während unsere Demo daran vorbeizog.

(Neo-)Nazis vor dem Tabakwarenladen des Hans-Jürgen Zickler; dritter von rechts ist Yannick Pochert. Twitter: @Pixel_Roulette

Vor Ort befanden sich jedoch lediglich Personen aus dem AfD- und Pegida-Umfeld sowie Kader der Identitären Bewegung Dresden, welche unter anderem an rassistischen Übergriffen in der Neustadt beteiligt waren. Genannt sei hier Yannick Pochert. Ebenso war Daniel Zabel vor Ort. Er veröffentliche den Haftbefehl im Mordfall Daniel H. vergangenen Jahres in Chemnitz und steht vor Gericht, da er als JVA-Bediensteter Geflüchtete misshandelt haben soll. Am Tabakladen Zickler kam also zusammen, was zusammen gehört. Dieser Laden ist unweigerlich mit völkisch-nationalistischen Menschenfeinden verbunden und hat in unserem Kiez nichts zu suchen!

Der Demonstrationszug entlang der Rudolf-Leonhardt-Straße

Weiter entlang des Bischofsweges wurde ein Redebeitrag der Initiative #WirBesetzenDresden abgespielt, welchen ihr hier nachlesen könnt. Auch nahmen wir Bezug auf eine andere rechte Partei neben der AfD: die Freien Wähler. Näheres findet ihr in den unten verlinkten Recherche-Artikeln.
Am Alaunplatz strömten noch einige weitere Personen zur Demo und schloßen sich unserer Sache an. Mit rund 1000 Leuten bogen wir in die Görlitzer Straße ein und machten uns auf den Weg zum Krawall-Eck. Auf halber Strecke kamen wir am Fiasko vorbei, von wo aus in jüngerer Vergangenheit immer wieder Übergriffe auf Personen stattfanden.

Entlang der Route kam zu Grüßen der Anwohner*innen. Twitter: @addnme

An der Ecke Görlitzer-/Louisen-/Rothenburger Straße angekommen, hielten wir für circa 15 Minuten. Dort kam die Gruppe “Furia” zu Wort, welche auf die alltäglichen sexistischen Zustände im Ausgeh- und Amüsierviertel Neustadt aufmerksam machte. Darauf folgte ein Beitrag des selbstverwalteten, anarchistischen Cafés “malobeo” in der Kamenzer Straße. In diesem wurde klar, dass ein lebendiges Viertel ohne Diskriminierung, ohne Nazis, ohne Macker*innen und Sexisten*innen nicht ohne Selbstorganisation, Selbstverwaltung und Räumen, die Platz für Utopien bieten, auskommt.

Zwischenkundgebung vor der MyBar 24/dem Cafe24, wo am 19./20. April 2019 (Neo-)Nazis den Geburtstag Hitlers feierten

Die Stimmung war gut und kämpferisch. Die Menschen hörten aufmerksam den Beiträgen zu und gaben regen Applaus, ehe wir uns gemeinsam wieder in Richtung Scheunevorplatz in Bewegung setzten. Dort angekommen, wurde unmissverständlich auf die vergangenen Ereignisse entlang der Alaunstraße aufmerksam gemacht. Auch diese Berichte findet ihr in den Rechereche-Artikeln. Weiterhin wurden Forderungen an die Gewerbetreibenden gestellt, dass auch diese sich um die Nazi-Probleme zu kümmern haben.

Pyroaktion auf dem letzten unsanierten Haus in der Alaunstraße. Twitter: @xaverMc

Kurz vor dem Einbiegen auf den Albertplatz gab es von den Dächern des letzten unsanierten Hauses in der Alaunstraße eine kleine Pyro-Show, welche das Bild einer entschlossenen und kämpferischen Demonstration gelungen abrundete. Am Albertplatz wurden zum Abschluss drei letzte Redebeiträge verlesen. Einer setzte sich mit dem “Verein für ein extremismusfreies Sachsen” auseinander. Weiterhin gab es einen Aufruf zu den Gegendemonstrationen gegen den europaweiten Aufmarsch der Identitären am 20. Juli in Halle. Abschließend machten wir mit einem Beitrag darauf aufmerksam, dass es zur kommenden Landtagswahl in Sachsen nicht ausreichen wird, nur sein Kreuz links von der SPD zu machen, sondern es solidarischer Netzwerke und Viertel bedarf, um den Rechtsruck zu stoppen und den aufkommenden Faschismus aufzuhalten.

Abschlusskundgebung auf dem Albertplatz

Wie gehts weiter?

Natürlich ist die Neustadt durch die Demonstration nicht entnazifiziert. Macker*innen und Sexist*innen wird es weiterhin in die Neustadt treiben. Um gegen das Naziproblem in der Neustadt und in gesamt Dresden effektiv vorzugehen, bedarf es kontinuierlicher antifaschistischer Arbeit und Praxis. Diese muss einerseits Nazis in die Schranken weisen, aber auch Übergriffe thematisieren und skandalisieren. Deshalb hier nochmal der Hinweis, dass recht Aktivitäten melden könnt, sowohl beim “Antifa Recherche Team Dresden”, als auch mittels des  “Naziaktivitäten melden”-Button auf unserer Homepage.
Das Wegignorieren und tatenlose Zusehen muss aufhören. Organisiert euch oder kontaktiert bestehende lokale Strukturen, um euch übergriffigen Agressor*innen in den Weg zu stellen.
Unser nächster Schritt wird sein, den Gewerbetreibenden in der Neustadt eine Chance zu geben, sich öffentlich gegen Rassismus und Sexismus zu positionieren. Da haben wir schon was in petto. Bis dahin – stay colorful, stay rebel!

Überlassen wir den Nazis nicht die Straße! Für eine weltoffene, antifaschistische und bunte Neustadt!
Alerta Antifascista!

 


Rechereche Artikel “Kein Viertel für Nazis”:

“Kein Kiez für Nazis!”-Teil 1: Die Erlenklause und ihr fremdenfeindlicher Betreiber Michael Wirth.

“Kein Kiez für Nazis!”-Teil 2: Schnitte im Hecht. Die völkisch-identitäre Friseurin und ehemalige Influencerin Sarah Bergemann

“Kein Kiez für Nazis!”-Teil 3: Das Fiasko-Fiasko.

“Kein Viertel für Nazis!” – Teil 4: Vom Albertplatz, die Alaunstraße hoch zum Scheunevorplatz.

“Kein Viertel für Nazis!” – Teil 5: Der “Verein für ein extremismusfreies Sachsen”, der Tabakladen des Hans-Jürgen Zickler und die Freien Wähler.


Presseschau:

DNN: Demonstration gegen Rechte in der Dresdner Neustadt

Neustadt-Ticker: Hunderte demonstrierten: “Kein Viertel für Nazis”

Sächsische Zeitung: Anti-Nazi-Demo zieht durch die Neustadt

Hitradio RTL: Antifa-Demo in der Neustadt

Radio Dresden: Antifa-Demo in der Neustadt

Dresden Nazifrei: Voller Erfolg der Antifa-Demo in der Dresdner Neustadt

Vor der Demo:

Jungle World: Kampf um den Kiez

Freie Radios: Jingle – Dresden Neustadt – Kein Viertel für Nazis

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2 Responses

  1. July 12, 2019

    […] Bericht der URA zur Demo. […]

  2. July 31, 2019

    […] Dass es in der alternativ-anmutenden Neustadt seit einiger Zeit wieder vermehrt Probleme mit Neonazis gibt, berichteten uns AktivistInnen. Trauriger Höhepunkt waren wohl Auseinandersetzungen mit Flaschenwürfen, nachdem einige Neonazis meinten, am 20. April diesen Jahres Hitlers Geburtstag in einer Neustädter Kneipe feiern zu müssen. Auch deshalb zogen am 5. Juli AntifaschistInnen auf einer Demo unter dem Motto „Kein Viertel für Nazis!“ durch den Kiez. […]