Der Bulle lügt.
Die Polizei verkauft die Menschen für dumm. Dieses Statement ist eine Richtigstellung der Stellungnahme der Polizei Dresden bezüglich der Vorkommnisse während der Demonstration „Evacuate them all!“ am 20.09.2020 in Dresden.
Am 20.09.2020 demonstrierten rund 300 Personen nach einem gemeinsamen Aufruf von Seebrücke Dresden, der Undogmatischen Radikalen Antifa Dresden, Linksjugend Dresden, Antifaschistische Jugend Dresden, HOPE und Mission Lifeline um auf die menschenverachtenden Verhältnisse an den tödlichen Außengrenzen der Europäischen Union aufmerksam zu machen, eine sofortige Evakuierung aller Geflüchtetenlager zu fordern und um sich solidarisch zu zeigen mit den Kämpfen der Geflüchteten.
Am Endkundgebungsort angekommen, setzten sich Menschen in Richtung Kreuzung am Pirnaischen Platz in Bewegung. Dort wurde mit einem 23 Meter langen Transparent mit der Aufschrift „Beendet das Morden an den Grenzen – Fight Fortress Europe“ vorübergehend ein Teil der Straßen und S-Bahn-Schienen blockiert. Damit sollte den Forderungen der Demo ein weiterer Ausdruck verliehen werden. Infolgedessen eskalierte der Einsatzleiter der Polizei die Situation und bedrohte Demonstrierende damit, dass er auf sie schießen würde. Diese Situation ist hinreichend in Form von Video- und Bildmaterial dokumentiert.
Trotz einer eindeutigen Beweislage, entschloss der Dresdner Polizeipräsident Kubiessa ein Statement zu dem Vorfall zu veröffentlichen, welches jeglicher Faktenlage entbehrt und schlichtweg gelogen ist. Nachfolgend werden wir anhand von drei, uns wesentlich erscheinenden Punkten dies darlegen.
1. Der Bulle lügt, wenn der Polizeipräsident behauptet, der Einsatzleiter wollte einen gezündeten Rauchtopf vor dem Transparent zur Beweisaufnahme sichern. Tatsächlich läuft der Einsatzleiter gezielt auf den Rauchtopf zu und tritt diesen in Richtung der Demonstrierenden.
2. Der Bulle lügt, wenn der Polizeipräsident behauptet, der Einsatzleiter sei von 25 bis 30 Vermummten bedrängt worden. Tatsächlich befanden sich weniger als ein Dutzend Personen an der Stelle, an der der Einsatzleiter stand und versuchte das Transparent herunterzureißen. Infolge der Drohung des Einsatzleiters „schubs mich und du fängst dir ‘ne Kugel“ reagierten die Demonstrierenden aufgebracht und drängten den Einsatzleiter zurück. Dieser schritt zurück und griff zur Dienstwaffe.
3. Der Bulle lügt, wenn der Polizeipräsident behauptet, der Einsatzleiter habe lediglich seine Dienstwaffe gesichert. In Kombination mit der vom Einsatzleiter getätigten Drohung und dem Zurückgedrängtwerden sowie dem bewussten Schritt zurück, ist auch diese Aussage falsch. Der Einsatzleiter trat bewusst einen Schritt zurück und legte eben nicht schützend seine Hand über die Dienstwaffe, sondern hob sie einige Zentimeter aus dem Holster an, ehe er sie wieder zurückfallen lies. Ebenso fraglich ist, wie die Demonstrierenden die Dienstwaffe des Einsatzleiters durch das Transparent greifen könnten, zumal sich die Hände der Personen an der Oberseite des Transparentes befanden.
Damit haben wir anhand der vorliegenden Punkte dargelegt, dass die Aussagen des Dresdner Polizeipräsidenten Kubiessa den Fakten widersprechen. Vielmehr sind diese Lügen Schutzbehauptung, welche den Korpsgeist der Polizei auszeichnen. Besonders deutlich wird dies, in dem der Polizeipräsident disziplinarrechtliche Maßnahmen gegenüber dem Einsatzleiter ausschließt.
Im Kontext der immer wieder auftretenden extrem rechten Netzwerke innerhalb der Polizei und Bundeswehr in Deutschland, ist es gerade dieser Korpsgeist und der gewollte Unwille zur Aufarbeitung des eigenen Fehlverhaltens, der eine Aufarbeitung nicht nur erschwert, sondern verhindert – sowohl innerhalb der Polizei wie auch gesamtgesellschaftlich.
Der Bulle lügt, denn die Polizei ist keine neutrale Institution sondern ein politischer Player, der seine eigenen Interessen vertritt und seine eigene Agenda durchsetzen will. Hier soll das aggressive Verhalten und angedrohter Schusswaffengebrauch eines Beamten vertuscht und als Notwehr oder Affekthandlung abgetan werden. Einmal mehr wird deutlich, dass die Polizei bewusst Tatsachen verdreht und lügt, um sich selbst und ihre Strukturen zu schützen. Deshalb brauchen wir eine kritische und aktive Zivilgesellschaft sowie Presse, um dem Sicherheitsapparat auf die Finger zu schauen anstatt deren Inhalte unhinterfragt wieder zu geben.
Es kotzt uns an, an diesem Tag soviel Zeit und Arbeit in einen solchen Text gesteckt haben zu müssen, während an den Außengrenzen Europas Menschen in Elendslager gepfercht und von Bullen mit Tränengas und Knüppeln malträtiert werden. Denn war es doch das Anliegen der Demo sich mit den schutzsuchenden Menschen an den europäischen Grenzen zu solidarisieren, die für ihre fundamentalen Menschenrechte kämpfen und unter dem europäischen Grenzregime leiden.
Es braucht keine Bullen, sondern grenzenlose Solidarität.
Undogmatische Radikale Antifa Dresden