“Kein Viertel für Nazis!”-Teil 2: Schnitte im Hecht. Die völkisch-identitäre Friseurin und ehemalige Influencerin Sarah Bergemann
Vorbemerkung
Für den folgenden Text orientierten wir uns an den Inhalten die sich aus dem als Fußnote verlinkten Indymedia-Artikel [1] entnehmen lassen und haben zusätzlich eigene Recherchen angestellt.
Sarah Bergemanns Friseurinnenladen “Schnitte im Hecht”
Unweit vom alteingesessenen AZ Conni, quasi einen oder besser gleich zwei Steinwürfe entfernt, befindet sich ein eher unauffällig wirkender Friseurladen mit dem Namen “Schnitte im Hecht”. Hier in der Seitenstraße 3 frisiert die Friseurmeister Sarah Bergemann nebst ihren Angestellten die Bewohner*innen des Viertels. Bisher unter dem Radar, muss der Morgen des 28. März Sarah Bergemann wie ein Schlag ins Gesicht vorgekommen sein – dies würde auch ihre kläglichen Versuche der Reinwaschung ihrer Internetauftritte bedeuten, doch dazu kommen wir weiter unten
Was ist geschehen?
Zwischen dem 27. und dem 28. März 2019 wurde im Dresdner Hechtviertel die Friseurin Sarah Bergemann geoutet. Dies erfolgte mittels einer Markierung ihres Friseurinnenladens “Schnitte im Hecht”. An der Außenwand des Geschäfts wurden farbige Stencils angebracht und Plakate an die Schaufensterscheiben und die Eingangstür geklebt. Von nun an zierte den Laden eine antifaschistische Außenwerbung. Auf den angeklebten Plakaten fand sich die politischen Weltanschauung der Inhaberin des Ladens wieder. Diese äußerte sie lange Zeit und sehr unbedacht auf ihrem Instagram-Profil und versteckte ihre Nähe zu neurechten Bewegungen wie den Identitären ebensowenig wie ihre Sympathie gegenüber völkischen und klassischen Neonazis.
Sarah Bergemanns Instagram-Profil trug den Namen „sarah.liebt.kraft“. Von diesem – mittlerweile gelöschten – Profil wollen wir euch einiges präsentieren. Auch werden wir Bezug nehmen auf das, was sie nach der Löschung ihres Accountes unternahm.
Einige erklärende Worte vorweg: Warum diese eher ungewöhnliche Outing-Aktion?
Wir schreiben das 21. Jahrhundert und auch Rechtsradikale und Faschisten nutzen moderne Technik, eigenen sich entsprechendes Wissen an und gehen andere Wege um Menschen ihre Ideologie und ihr inhumanes Weltbild zu propagieren. Die sozialen Netzwerke, wie Instagram eines ist, sind Teil dieser neuen rechten Realität. Instagram selbst ist in erster Linie ein Medium auf dem Bilder geteilt werden und über Bildsprache Inhalte vermittelt werden können. Über sogenannte Hashtags (#) finden Interessierte je nach Themengebiet oder Suchbegriff bestimmte Inhalte, die andere Benutzer*innen zur Verfügung stellen. Die Benutzer*innen dieser Plattform sind vorwiegend Menschen jüngeren Alters, was dieses soziale Netzwerk für neurechte Propaganda besonders wichtig macht.
Auf dieser Plattform besaß Sarah Bergemann zwischenzeitlich zwei Benutzerinnenkonten, nämlich „sarah.liebt.kraft“ und „sarahliebtkraft“. Beide Konten erreichten bis zur Löschung knapp 55000 Personen. Heute hat Sarah Bergemann beide gelöscht, nachdem sie versuchte diese zu bereinigen. Ihr aktueller Account “kraft_liebt_sarah” ist aus “Sicherheitsgründen” auf privat gestellt. Das heißt, dieser ist öffentlich nicht einsehbar und kann dadurch deutlich weniger Menschen (aktuell knapp 300, also weniger als 1% der vorherigen Reichweite!) erreichen, als es die beiden bisherigen Instagram-Profile schafften.
Wie trug Sarah Bergemann zur Verbreitung und Normalisierung neurechte Inhalte bei?
Sarah Bergemann, unter ihrem Pseudonym “sarah.liebt.kraft“, agierte auf Instagram weniger als eine offensichtliche Faschistin die Bilder online stellt auf denen eindeutige Nazi-Symboliken zu finden sind, sondern verpackte eine völkisch-neurechte Ideologie subtiler zwischen Körperästhetik, Sport und Mode sowie ihrer Rolle als eine Mutter und Ehefrau. In der Bildbeschreibung fanden sich auf den ersten Blick keine eindeutigen rechten Parolen oder Codes. Vielmehr versuchte sie mittels ihres Accounts Begriffe wie „Heimat“, „Feminismus“ und „Familie“ so einzusetzen, dass diese Begriffe sich mindestens in ein konservatives bis neurechtes Weltbild einbetten lassen. Diese Begriffe wurden in Verbindung mit einem Hashtag nun für eine Suche durch Interessierte auf Instagram auffindbar. Stieß nun eine interessierte Person mittels der Suche nach diesem Begriff auf eines der Bilder von Sarah Bergemann, fand sie sodann ein Bild und eine Bildbeschreibung. In letzterer wurden nun Begriffe wie Feminismus subtil der eigenen Ideologie nach umgedeutet sowie Frauen* eine entsprechende Rolle in der Familie oder dem Berufsleben suggeriert, welche sich problemlos in eine neurechte Ideologie einbetten lässt. Dies machte Sarah Bergemann geschickt. Andererseits erkannte man bei genauerer Beobachtung ihres Instagram-Profils wohin die Reise tatsächlich ging. So wie sie auf Instagram Bilder veröffentlichte und „Likes“ dafür erhielt, so verteilte sie letztere bei Bildern anderer Personen. Hier wurde deutlich, was ihr so „gefällt“, bzw. gefallen hat.
Sarah Bergemann hat jedoch vor einiger Zeit erkannt, dass genau diese Mentalität, schnelle „Likes“/“Gefällt-Mir“ zu verteilen und jenen anderen Benutzer*innenprofilen zu folgen die für sie von Interesse sind, für sie und ihre Rolle als neurechte Influencerin problematisch sein könnte. Die Liste derer denen man auf solchen Plattformen folgt sagt – ähnlich anderen sozialen Netzwerken wie Facebook – viel über die eigenen Interessen, das politische oder religiöse Weltbild aus. Genauso verhält es sich andersherum: Folgen einem massiv Personen aus dem rechten Spektrum, dann scheint man deren Interessengebiete abzudecken. Dies war der Fall bei Sarah Bergemann.
Dass dies ein Problem darstellen könnte, erkannte wohl auch unsere Protagonistin. So folgte eine Online-Reinigungsaktion ihres Instagram-Profiles, die dazu führte dass sie selbst Inhalte entfernte, die sich eindeutig der völkisch-neurechten Szene zuordnen ließen. Zu ihrem Nachteil haben wir jedoch Sicherungen in Form von Screenshots verschiedener Beiträge und „Gefällt-Mir“-Angaben gemacht.
Dieses Entfernen verkleidete sie öffentlichkeitswirksam als Aufräumaktion mittels verschiedener Beiträge auf Instagram. Das bedeutet, dass sie andere Profile entfernt, welche ihr folgen und ebenso aussortiert, wem sie folgt. Beides ist auch für andere Instagram-Benutzer*innen sichtbar. So sortierte sie ihre “Freundes-Liste” unter dem Vorwand aus, sogenannte Fake-Konten (Konten nicht realer Personen) zu entfernen. In einer Instagram-Story (einem Video auf Instagram) sprach sie sogar davon, dass sie vor allem von männlichen Konten aus dem „arabischen Raum“ gefolgt werden würde, welche sie nun entfernt habe. Diese angeblichen Konten aus dem arabischen Raum, kamen jedoch vorwiegend aus Europa und propagierten neurechten Rassismus der Marke “Ethnozentrismus”. Somit verschwanden also zahlreiche Akteure aus dem rechten Spektrum, Kader der Identitären Bewegung, Accounts welche der völkischen Neonazi-Szene zuzuordnen waren und zahlreiche andere aus dem Sammelsurium jener die ihr folgten und derer denen sie folgte.
Ihr Benutzerinnenkonto hatte nun eine scheinbar „weiße Weste“. Auch entfernte sie einige Bilder und nahm eigene „Gefällt-Mir-Angaben“ bei Benutzer*innenkonten rechter Akteure zurück – jene sicherten wir jedoch bereits vorab.
Zur eigentlichen Sache zurück: Was gefiel Sarah Bergemann (unter dem Pseudonym “sarah.liebt.kraft”) auf Instagram?
Sogenannte „Likes“ verteilte sie gerne bei Fotos bekannter Kader der Identitären Bewegung Dresden. Hier gefiel ihr unter anderem der Raub eines antifaschistischen Transparentes am 13. Februar 2018 [2]. Ebenso bei privaten Bildern, beispielsweise von Yannick Pochert [3] (Instagram: „burkhardtschwerin“; Kader der IB-Dresden, Link zum Outing https://de.indymedia.org/node/15992) sowie bei Gruppenfotos von Identitären wie sie Sven Engeser veröffentlicht hat (Instagram: „svenengeser“; Kader der Identitären Bewegung), ließ sie ein Like da [4].
Da ist es nicht verwunderlich, dass ein Like von Sarah Bergemann auch bei Stickern der Identitären landete [5]. Eng verbunden mit den Identitären sind auch Figuren wie der neurechte Verleger und Publizist Götz Kubitschek und sein Verlag Anataios. Dieser Verlag veranstaltete einen Firmenlauf, was Sarah Bergemann als einer Person, der sportliche Aktivitäten gefallen natürlich auch gefiel [6]. Unter anderem bei solchen Bildern wird die Verpackung völkischer, neurechter Weltanschauung mittels Sympathiebekundungen im Bezug auf ein sportliches Event (hier der Firmenlauf) für ein, auf den ersten Blick nur als Verlag erscheinendes, rechtsradikale Sprachrohr wie den Antaios-Verlag deutlich. Subtil erfolgt die Normalisierung der neuen Rechten durch solche Akteure wie sie Sarah Bergemann verkörpert.
Weiterhin hegte Sarah Bergemann Sympathien für die rechtsextremen Demonstrationen in Kandel [7], bei welchen Rechtsextreme intensiv Stimmung gegen migrantische Menschen machen.
Bezeichnend ist auch ihr Like unter einem Bild, auf dem Menschen mit schwarz-weiß-roten Fahnen dem Neofaschisten und Geschichtsrevisionisten Reinhold Elstner gedenken, der im 3. Reich Soldat der deutschen Wehrmacht war und sich 1995 selbst verbrannte [8].
Das völkische und neofaschistische Instagram-Profil „deutsche.weltanschauung“ empfahl sie als „Frau mit […] Liebe zum Eigenen“ [9]. Dass dies kein Zufall war, machte unter anderem der Fakt deutlich, dass Sarah Bergemann dies nie derart störte, so dass sie sich gezwungen sah ein Statement oder gar eine Distanzierung auf Instagram abgeben zu müssen. Im Gegenteil: Auch ihr gefielen Beiträge, die unter anderem Europa als einen Kontintent darstellen der eine “ausreichende Vielfalt” bereits durch Menschen mit weißer Hautfarbe darstelle und impliziert damit, das Menschen anderer Hautfarben in Europa nichts zu suchen haben [10].
Was geschah danach?
Sarah Bergemanns Outing in Form der Plakatierung ihres Ladengeschäftes verblieb eine erstaunlich lange Zeit. Erst im Laufe des Tages nach der oben genannten Aktion wurden die Plakate entfernt. Vermutlich konnten sich entsprechend viele Anwohner*innen rund um den Laden und Kund*innen des Friseurstudios über die politische Weltanschauung der Inhaber informieren und sie im besten Falle damit konfrontieren.
Dies würde auch die Löschung all ihrer offiziellen, auf sie zurückführbaren Instagram-Profile erklären, sowie ihre halbherzigen Versuche ihren Namen und den ihres Ladens reinzuwaschen. Eine glaubhafte Distanzierung erfolgte nicht. Lediglich das typische Gewäsch vieler rechter Akteure reproduzierte sie wieder. Beispielhaft ist hier der Versuch eine Art PR-Meldung zu veröffentlichen, welche sie und ihr Friseurstudio als weltoffen und tolerant darstellt [11]. Auf dieses Pamphlet verlinkt sie auf ihrem neuen, aktuellen, ausschließlich nicht-öffentlichen Instagram-Profil [12].
Weiterhin entstand zu Beginn des Jahres 2019 eine sogenannte Fanpage für (und vielleicht sogar von) Sarah Bergemann mit dem Namen “sarahliebtkraftfanpage”. Während diese zuerst nur öffentliche Bilder von Sarah Bergemann teilte, dann längere Zeit ohne Aktivität blieb, wurde dieses Konto direkt nach der Löschung des Instagram-Profiles “sarah.liebt.kraft” sehr aktiv und fragte mehrmals wöchentlich nach dem ominösen Verschwinden unserer Protagonisten auf Instagram. Nach wochenlangem Gejammer kam sodann ein Statement Sarah Bergemanns, exklusiv über diese Fanpage [13].
Viel spannender ist jedoch das Anstrengen der Google-Suche und diverser frei verfügbarer Tools zur Analyse von Instragram, wie unter anderem sometag.org. Recherchiert man nach dem Namen des neuen Instagram-Profiles von Sarah Bergemann “kraft_liebt_sarah”, so findet sie sich als Fan des AfD Jugendverbandes in Dresden, der Jungen Alternative wieder [14]. Ebenso taucht sie bei einem weiter oben bereits genannten Führungskader der Identitären Bewegung als Fan auf, nämlich bei Sven Engeser [15]. Eine glaubhafte Distanzierung von neurechten Inhalten stellt das nicht dar und lässt ihre PR-Meldung [11] lächerlich erscheinen.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass mittels des Outings (an dieser Stelle ein fettes DANKE! an jene Outenden) die Reichweite eines Instagram-Accounts , welcher neurechte Inhalte auf einer Metaebene transportierte, massiv beschränkt wurde und aktuell weniger als 1 % der bisherigen Reichweite beträgt.
Im digitalen Zeitalter agieren und agitieren die Rechten natürlich auch im Internet. Deshalb schaut genau hin, wer hier was liked, warum und wieso und zieht diese Akteure aus ihrer digitalen Deckung in die Öffentlichkeit – denn dort sind sie verletzlich.
Deshalb kommt am 05.07.2019 zur antifaschistischen Demonstration “Kein Viertel für Nazis!”. Los geht es ganz in der Nähe des hier genannten Friseurladens an der St. Pauli Ruine ab 18 Uhr.
Kleiner Fun-Fact zum Ende: Sarah Bergemann nutzte relativ kurz auch eine Facebook-Fanpage. Auf einer jeden solcher Seiten erscheint ein Kasten, welcher dem Benutzer ähnliche Seiten vorschlägt wie die, auf der er*sie sich gerade befindet. Was wird nun also vorgeschlagen wenn man auf Sarahs Facebook-Seite klickt? Witzigerweise Guido Reil, seines Zeiches Kandidat der AfD für das Europaparlament sowie der neurechte Webblog “Krautzone” [16]. Wie kommt sowas zu stande? Facebook sagt: “Wenn jemand deine Seite besucht, wird dieser Person möglicherweise rechts auf deiner Seite ein Bereich Anderen gefällt auch angezeigt, in dem eventuell Seiten zu sehen sind, die deiner ähneln.” [17]
Die professionelle PR-Arbeit dürfte von ihrem Mann Markus Libawski geschrieben worden sein, der an der TI Dresden Soziologie studierte. Er ist ihr Fotograf und agiert in sozialen Medien als Markus Fliessgewitter oder zeigt seinen professionellen Umgang mit Waffen unter Heinzek.wrk. Beruflich arbeitet er als Surprise, Surpise PR-Manager der Combase.
Wieso ist es so wenig überraschend mit “Combase”? (Kenne die Firma nicht)
Was hat es mit Combase auf sich? Kenne die Firma nicht.
Anscheinend hat die Identitäre Bewegung nahe und rechts offene Friseurin Sarah Bergemann Glasbruch in ihrem Friseurladen im Hecht bekommen. Obwohl sie ihren Laden “sicherer” gemacht hat, wie bei einem Kiezspaziergang gesehen wurde, haben die Folien gegen Glasbruch, nichts genutzt.
Hecht bleibt F*ANTIFA KIEZ!!!