“Kein Viertel für Nazis!” – Teil 4: Vom Albertplatz, die Alaunstraße hoch zum Scheunevorplatz.
Verschiedene Kneipen der Dresdner Neustadt sind schon seit längerem beliebte Treffpunkte für organisierte (Neo-)Nazis und Anhänger*innen der “Neuen Rechten”. Das bloße Besuchen der Lokale, das Rumgemacker in und vor diesen, inklusive verschiedener Gruppenfotos mit Fahnen und zum Teil auch Pyrotechnik, sowie Übergriffe auf (vermeintlich) migrantische Menschen und augenscheinliche Linke sind Versuche einer politischen Raumnahme in einem als links geltenen Szeneviertel. Dies zeigt vor allem, wie groß das Selbstbewusstsein rechter Schläger durch das gesellschaftliche Klima geworden ist. War die Neustadt schon immer ein beliebtes Ziel für Ausflüge der (Neo-)Nazis, so scheint es mittlerweile auf den Versuch einer Verankerung in der Neustadt hinauszulaufen. Es kommt vermehrt zu problematischen und tendenziell gefährlichen Situationen im Umfeld bestimmter Bars.
Von zwei Vorfällen wird dieser Text berichten. Der erste ist bisher größtenteils unbekannt geblieben und es wurde nicht darüber berichtet. Der zweite dreht sich um die Geschehnisse rund um das Feiern des Hitlergeburstages am 20.04.2019. Wir werden die Lokale nennen, welche eine gewisse Rolle gespielt haben und weiterhin für Nazis und andere Menschenfeinde in der Neustadt eine spielen werden – es sei denn, jene Lokale stellen sich glaubwürdig und mit allen notwendigen Mitteln gegen ein solches Klientel in ihren Räumen.
Dezember 2018: Nazis der Identitären Bewegung greifen vom Menschen an.
In der Nacht vom 7. auf den 8. Dezember 2018 hielten sich mehrere Mitglieder und bekannte Kader der sächsischen “Identitären Bewegung” in der Dresdner Neustadt auf [1]. Unter ihnen waren Yannick Pochert, Ricardo Knöfel und Freya Honold. Auch Toni Schneider, seines Zeichens AfD Stadtrat in Hoyerswerda [2 und 3], war an den Auseinandersetzungen beteiligt.
Mitglieder der “Identitären Bewegung” griffen mehrere vermeintlich migrantische Menschen an, die an den Lokalen „BBC – Bar Brasserie Cassis/ Bla Bla Cafe“ (Alaunstraße 16) und „Route 66“ (Alaunstraße 12) vorbeigingen, woraufhin solidarische Menschen einschritten. Ein circa 25 Personen umfassender, Parolen skandierender (Neo-)Nazi-Mob schlug daraufhin in der Alaunstraße auch auf diese und weitere Unbeteiligte ein. Jagdszenen und Auseinandersetzungen gab es bis zum DVB-Häuschen am Albertplatz, wo die hinzugekommene Polizei mit zwei Wannen kurz darauf abparkte. Die Angreifer*innen konnten entkommen, während und wahrscheinlich auch weil die Polizei Migranten kontrollierte. Eine Person wurde so schwer verletzt, dass sie notärztlich versorgt werden musste. Nach diesem Vorfall zogen sich Teile der Angreifer*innen zurück Richtung Alaunstraße.
Auf ihrem Rückweg skandierten die Neonazis beim Betreten der Alaunstraße ihre typischen Parolen, provozierten migrantisch und links, bzw. alternativ aussehende Menschen. Letztere griffen sie auch an und verletzten mindestens eine weitere Person, ehe sie die Lokale „BBC – Bar Brasserie Cassis“ und „Route 66“ wieder betraten. Einige der Neonazis verließen in Folge der zweiten Auseinandersetzung den Ort erneut in Richtung Albertplatz oder bogen in Richtung Bautzener Straße ein, von wo aus sie die Neustadt verlassen haben.
Im weiteren Verlauf des Abends erhöhte sich die Polizeipräsenz rund um die Alaunstraße in Richtung Albertplatz deutlich. Rund 15 Minuten nach dem rassistischen Angriff durch die Neonazis und der weiteren Auseinandersetzung, rückte die Polizei mit mindestens 7 Einsatzfahrzeugen in die Alaunstraße ein und parkte dort vorübergehend. Trotz der Vielzahl eingesetzter Einsatzkräfte blieb eine Medieninformation zum Einsatz der Polizei in den folgenden Tagen aus [4]. Auch im Neustadt-Ticker findet sich in den Polizeimeldungen nichts zu den Geschehnissen [5]. Eine Strafverfolgung der (Neo-)Nazis seitens der sächsischen Polizei kann nicht erwartet werden.
19. und 20. April 2019: Neonazis feiern Hitlergeburstag in der “My Bar24″/dem “Cafe24”
In der Nacht vom 19. auf den 20. April befand sich eine Gruppe von circa 30 (Neo-)Nazis in der „My Bar24“/dem “Cafe24” (Ecke Alaunstraße/Katharinenstraße) in der Äußeren Neustadt. Bereits vor 0 Uhr kam es zu Hitlergrüßen innerhalb der Bar und „Sieg Heil“-Rufen [6], mit welchen man den Geburtstag Adolf Hitlers am 20. April bereits einläutete [7]. Kurz vor Mitternacht wurden dann auch die letzten noch vor der „My Bar24“ stehenden Personen aus dem Kreis der (Neo-)Nazis in den Laden gerufen. Pünktlich um 0 Uhr ertönte das Lied „Happy Birthday to you“.
All dies war gut sicht- und deutlich hörbar vom Vorplatz der Scheune aus. Nachdem eine Gruppe junger Menschen sich wenig später mit einer Musikbox auf diesen Platz stellte, verließen einige der (Neo-)Nazis die Bar, provozierten die Jugendlichen und versuchten sie anzugreifen. Der versuchte Angriff blieb nicht unbeantwortet: Steine und Flaschen flogen auf die, sich in die Bar zurückziehenden (Neo-)Nazis [8]. Ein Video zeigte Teile der folgenden Auseinandersetzung [9].
Auch hier waren wieder Identitäre beteiligt, sowie Personen, die im Zusammenhang mit anderen Angriffen auf Linke [10; siehe Fiasko-Artikel] bereits in Erscheinung getreten sind. Die Person, die im Video [9] mit einem Teleskopschlagstock die „MyBar24“ verlässt, gibt sich dort gerne und regelmäßig als Security, trinkt am Holzverschlag der „Schwarzen Hexe“ in Richtung Albertplatz und befindet sich auch hin und wieder in der Bar „Alaun 61“. Ständig spricht der Betreffende Drohungen gegenüber als links erkennbaren Personen aus und pöbelt abwertend gegenüber scheinbaren Migrant*innen. Sachdienliche Hinweise zu dieser Person, die in den vergangenen Monaten zunehmend aggressiver und offensiver auftritt, nimmt eure Antifa gerne entgegen.
Immer wieder die My Bar24/das Cafe24
Dass (Neo-)Nazis nicht auf den Gegenwind treffen, den sie verdienen, sollte mittlerweile auch den letzten Verfechter*innen einer vermeintlich links-alternativen Neustadt klar sein. Waren das „BBC“ und „Route 66“ bereits in der Vergangenheit beliebte Treffpunkte [11], so haben sich die Menschenfeind*innen in den vergangenen Monaten – auch während der BRN 2019 – immer öfter in der von Ahmet Özer geführten „MyBar24“/dem „Cafe24“ getroffen, getrunken, gefeiert, provoziert und von dort aus vor dem Lokal Menschen angegriffen.
Wenn sie nicht nicht auf körperliche Auseinandersetzungen aus sind, so machen diese (Neo-)Nazis gerne Slefies und Gruppenbilder von sich, die auch in den sozialen Netzwerken geteilt werden. Dies bedeutet eine größer werdende politische Raumnahme der (Neo-)Nazis in der Neustadt durch eine mediale Inszenierung. Solche Bilder entstanden beispielsweise unter anderem vor der Eskalation in der Nacht vom 7. auf den 8. Dezember 2018 [12] und am 26. Januar 2019 [13]. Bisher unbekannte (Neo-)Nazis haben auch gegenüber der “My Bar24″/ dem “Cafe24” mit einer schwarz-weiß-roten Fahne und Hitlergrüßen posiert [14]. Solange solche Szenen problemlos möglich sind, können sie – auch gerade weil sie online breitenwirksam geteilt werden – für weitere Menschenfeind*innen als eine Einladung in die Neustadt verstanden werden. Das gilt es zu verhindern!
Aus diesem Grund fordern wir jedes hier angesprochene Lokal, insbesondere die in letzter Zeit bei (Neo-)Nazis beliebte “MyBar24″/das “Cafe24” von Ahmet Özer dazu auf, Menschenfeind*innen der Identitären Bewegung und der Jungen Alternative sowie jene, die mit offensichtlichen Nazi-Klamotten in den Laden kommen, konsequent des Lokals zu verweisen (wie man solche erkennt, dazu findet ihr Hilfsmittel ganz am Ende dieses Beitrages). Erst dann können Plakate mit der Aufschrift “Gegen Fäuste und Gewalt” – welche “Fäuste und Gewalt” überhaupt? – ernstgenommen werden. Jenen Aufruf teilte Özer über sein Facebook-Profil am 24.04.2019, 4 Tage nach der Feier des Hitlergeburtstages in seinem Lokal [15]. Wie ernst so etwas genommen werden kann? Das fragen wir uns in Anbetracht von Bildern wie dem, auf welchem Ahmet Özer mit einem einschlägig bekannten (Neo-)Nazi zu sehen ist, der einen Hitlergruß macht [16].
Positioniert euch eindeutig und mit allen notwendigen Mitteln gegen diese (Neo-)Nazis der Identitären Bewegung und anderer Menschenfeine in euren Lokalitäten und machte die Neustadt wieder zu einem lebenswerteren Viertel in Dresden.
[1] Gruppenfoto der Identitären und anderer (Neo-Nazis) am Abend des 7. Dezember 2018. Wer kennt Namen zu den Zahlen?
[10] (Neo-)Nazis die am Abend des 19. April vor der “My Bar24″/dem “Cafe24” standen und später beim Feiern des Hitlergeburtstages im Laden zugegen waren. Teile der Gruppe waren bei den folgenden Auseinandersetzungen beteiligt.
[12] Identitäre und andere (Neo-)Nazis vor dem “BBC” und “Route66” in der Nacht vom 7. auf den 8. Dezember 2018
[14] Eine Gruppe bisher unbekannter (Neo-)Nazis auf dem Scheunevorplatz gegenüber der “My Bar24″/dem “Cafe24”
[15] Özers Facebook-Statement nach den Ereignissen am 19. und 20. April 2019
[16] Der hitlergrüßende Nazi Maik Krautz mit Ahmet Özer: https://twitter.com/naziwatchdd/status/1120729319012208640
Identitäre in Bautzen (Stand 2018; einige sind auch in Dresden aktiv oder in Erscheinung getreten): https://de.indymedia.org/node/29661
Identitäre in Dresden (Stand 2017): https://de.indymedia.org/node/15992
Neonazis in Dresden, Who Is Who #2 (Stand 2016): https://de.indymedia.org/node/9425
Neonazis in Dresden, Who Is Who #1 (Stand 2010): http://media.de.indymedia.org/media/2010/02/274231.pdf
Informationen zu rechter Szenekleidung und Codes:
https://www.belltower.news/lexikon/kleidung/
https://www.belltower.news/die-populaersten-zahlencodes-51354/