Pressemitteilung zur Störaktion während der Namenslesung auf dem Heidefriedhof am 13.02.2020
Heute, am 13. Februar 2020, haben Aktivist*innen die Namenslesung der Toten der Bombardierung Dresdens 1945 auf dem Heidefriedhof mit einer Lautsprecherchoreografie gestört. Die Namenslesung wurde von dem Denk Mal Fort e.V. organisiert und von der Stadt Dresden sowie der AG13Februar beworben.
Die Aktivist*innen kritisierten die unkommentierte Verlesung aller 4000 namentlich bekannter, infolge der alliierten Bombardements Gestorbener, da sich unter den Toten neben nachweislichen Täter*innen auch Opfer des Nationalsozialismus befinden. Dieses unkommentierte Verlesen macht die Opfer deren Täter*innen gleich, so die Aktivist*innen. Der Historiker Justus Ulbricht sprach in seiner Rede im Konjunktiv davon, dass auch Täter*innen unter den zu verlesenden sein könnten. Weiter sagte Ulbricht: “Nationalsozialisten waren Menschen wie wir.” Als begonnen wurde die Namen zu verlesen intervenierten Antifaschist*innen mit dem Abspielen von:“Wir gedenken der Opfer der deutschen Barbarei – deutsche Täter*innen sind keine Opfer! Gedneken abschaffen! Weiter wurde mit einem Transparent gegen den Spirit of Dresden und diversen, die Namenslesung kritisierenden, Parolen protestiert. Die Polizei ging rabiat gegen die Protestierenden vor. So wurden Aktivist*innen auch außerhalb des Friedhofes verfolgt und teils in den laufenden Verkehr auf der Moritzburger Landstraße geschubst und geschlagen. Auch wurde seitens der Polizei versucht die Arbeit von Pressevertreter*innen zu behindern.
Die Undogmatische Radikale Antifa Desden (URA) beteiligte sich an der Intervention. Pressesprecherin Alex Elser sagt zu der Namenslesung allgemein:
„Diese Praxis ist den Opfern des Nationalsozialismus vorbehalten. Das Verlesen der Namen von getöteten Menschen, ist eine Erinnerung an die Opfer der deutschen Barbarei und der Mahnung, dass sich so etwas nie wiederhole. In Dresden soll diese Praxis des Gedenkens und der Mahnung nun zum Wohle der eigenen Opferrolle umgedeutet werden. Die Rede von Justus Ulbricht hat dies eindrucksvoll bewiesen und bestärkt uns in der Forderung das Gedenken abzuschaffen.“
Weiter führt Elser aus:
„Unter den Namen, welche verlesen werden sollen, befinden sich nicht nur vermeintlich normale Dresdner*innen, die sich in nicht unerheblichem Maße durch dulden, verleumden und verfolgen mitschuldig gemacht haben, sondern auch nachweislich Täter*innen und Nutznießer*innen des Nationalsozialismus waren.“
Deswegen sagt Elser, stellvertretend für viele dresdener Antifaschist*innen:
„Schon der Gedanke daran, dass die Opfer der deutschen Barbarei und ihrer Mörder*innen in gleicher Weise – egal ob trauernd oder mahnend – vermengt werden, ist einfach nur widerwärtig und zum Kotzen!”
Elser weiter:
“Auch die Behauptung, dass “Nationalsozialisten Menschen wie wir waren.“ ins an Perfidität nicht zu überbieten. Dies entbindet die Täter*innen von ihrer Schuld, lässt das Mitmachen und Schweigen der damaligen Mehrheitsgesellschaft egal werden und, schlimmer noch, verwischt die Grenzen zwischen den Opfern und den Täter*innen des Nationalsozialismus und deren Günstlingen.”
Mit Blick auf Thüringen und die aktuelle politische Stimmung in Deutschland allgemein Elser weiter:
„Die Namenslesung ist in unseren Augen nicht nur moralisch verwerflich, es ist auch politisch nicht zu vertreten. Denn es stellt einen weiteren Schritt in Richtung Normalisierung und Schlussstrich dar. Einen weiteren Schritt in Richtung “von Auschwitz nichts mehr hören wollen.” In der Debatte um die Wahlen in Thüringen zeigt sich aktuell, dass diese Normalisierung den Boden für eine erneute Zusammenarbeit bürgerlich-konservativer Kräfte mit Faschist*innen und Nazis bereitet. Nicht die vermeintlichen politischen Ränder haben die Weimarer Republik scheitern lassen, sondern der Schulterschluss der bürgerlich-konservativen Kräfte mit den Nationalsozialisten!“
Den Einsatz der Polizei kritisiert die URA wie folgt:
“Wir wissen, dass die Cops Erfüllungsgehilfen der Reaktion sind. Dennoch sollte es möglich sein diesen geschichtsrevisionistischen Müll und die Gleichmacherei, das Entwürdigen der Opfer zu kritisieren! Auch ist es wieder ein mal ein Zeichen der rechten Schlagseite der heisigen Polizist*innen, wenn kritische Stimmen zum Normalvollzug in den laufenden Verkehr eines Autobahnzubringers geprügelt werden.” Wir, die URA Dresden, sind ein Zusammenschluss von Aktivist*innen, welche zu unterschiedlichen Themen der radikalen Linken seit 2011 kontinuierlich arbeiten.
Für Nachfragen sind wir wie folgt erreichbar: Mail: ura-dresden@riseup.net
Web: ura-dresden.org
Unter folgendem Link finden Sie das komplette Statement unserer Gruppe zur Namenslesung auf dem Heidefriedhof. Aus diesem sind auch die Zitate der Pressemitteilung entnommen.
Ebenso finden Sie im Anhang Bilder der heutigen Aktion. https://ura-dresden.org/wp-content/uploads/2020/02/nicht-loslassen.pdf
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[…] Originally published by URA Dresden. […]