Wahlkampfspektakel in Dresden
Den „Tag der Abrechnung“ im Hinterkopf, nutzten einige Parteien die letzten Tage vor der Wahl fleißig, um noch einmal die Werbetrommel zu rühren. So wurde auch Dresden die Ehre zuteil, am 15. September die Frau Staatsratsvorsitzende mitsamt ihrem willigem Gefolge zu empfangen. Zu betrachten war dieses Schauspiel auf dem Neumarkt. Für Überraschungen während des Wahlkampfauftrittes sorgte eine Drohne, welche über der Versammlung schwebte und bei den Sicherheitskräften Panik auslöste. Somit konnte Merkel und Co. vor Augen geführt werden, was die vermehrte Überwachung des öffentlichen Raumes und damit der Schritt in Richtung Überwachungsstaat mitsichbringen. Während unsere Frau Staatsratsvorsitzende sichtlich belustigt von diesem Vorfall war, schossen de Maizière dabei jedoch wahrscheinlich ganz andere Gedanken durch den Kopf. Ein weiterer Vorfall, welcher sich ereignete, war das Auftreten einiger Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes in der bei Neonazis beliebten Modemarke „Thor Steinar“. Bemerkenswert ist dabei, dass der Leiter der Sicherheitsfirma, Axel Teuber, auch Geschäftsführer eines Dresdner CDU-Kreisverbandes ist. Für ihn sei jedoch kein Zusammenhang zwischen der Bekleidung, also der Marke Thor Steinar, und der politischen Gesinnung ihrer Träger erkennbar. Anscheinend fehlt es trotz Aufdeckens der NSU-Morde und der kontinuierlichen Anzahl rechtsmotivierter Übergriffe, wie jüngste Ereignisse zeigen (1 / 2 / 3), immernoch an der notwendigen Sensibilität diesem Thema gegenüber.
Ein weiteres Highlight war der Besuch der „Spaßpartei“ Pro Deutschland in Dresden. Diese selbsternannte Bürgerbewegung hatte sich zum Ziel gesetzt die „dunklen Orte unseres Landes“ zu besuchen, um die Menschen über das Scheitern der „bunten Multi-Kulti-Welt“ aufzuklären. Am 17. September führte sie ihre Reise nach Dresden. Erster Stopp war auf der Rudolf-Leonhard-Straße, nicht weit entfernt vom AZ Conni, wo sich schon zahlreiche Gegendemonstrant_innen versammelt hatten. Abgeschirmt von Gegendemonstrant_innen und Unmengen an Polizeikräften war die erzielte Außenwirkung der „Bürgerbewegung“, bestehend aus sechs etwas hilflos erscheinenden Personen, gleich null. Nachdem alle hohlen Phrasen ausgesprochen wurden, packten sie wieder zusammen und steuerten ihren zweiten Kundgebungsort, am Altmarkt vor dem Kulturpalast, an. Auch hier zeichnete sich das gleiche Bild ab. Eingerahmt von zahlreichen Polizist_innen und begleitet von Gegendemonstrant_innen blieb auch hier ihr anderthalb Stunden Wahlk(r)ampf erfolglos.
Last but not Least ließen es sich natürlich auch Holger Apfel und seine dunkelbraunen Matschbirnen nicht nehmen, im Rahmen ihrer Deutschlandtour am 19. September Halt in Dresden zu machen. Schon Stunden vor Beginn der eigentlichen Veranstaltung war der Postplatz von einem Großaufgebot der Polizei abgeriegelt. Trotzdem ließen sich zahlreiche Gegendemonstrant_innen nicht davon abhalten, die Veranstaltung zu stören und deren Außenwahrnehmung zu schwächen.
Am Sonntag den 22. September war es dann endlich soweit, Mensch konnte sich einbilden, mit Hilfe eines kleinen Zettelchens und zwei Kreuzen, an den großen Mühlen der politischen Entscheidungsfindung teilgenommen zu haben, um dann guten Gewissens, dank erfüllter Bürger_innenpflicht, bei Bier und Tatort auf dem Sofa einzuschlafen und die nächsten 4 Jahre stillschweigend alles hinnehmend darauf zu warten, wieder Teil dieser Entscheidungsfindung zu werden. Dabei sollte jedem/jeder klar sein, dass nur durch kontinuierliche politische Arbeit der Status quo,hin zu einer emanzipatorischen, freien und selbstbestimmten Gesellschaft, verändert werden kann.
In diesem Sinne… Calm down, das Wahlspektakel ist (vorerst) vorbei. Zeit sich Gedanken über eine befreite Gesellschaft zu machen. Für mehr selbstbestimmtes Leben in Dresden und überall!