Wer gegen Nazis kämpft darf sich auf diese Demokratie nicht verlassen.
Sachsen und Dresden haben gewählt. Während sich andernorts Verwunderung breit machte, über die überwiegend hohen Ergebnisse für die AfD, zeigte sich für uns in den Wahlergebnissen doch nur die Fortsetzung und fortschreitende Manifestierung des seit Jahren bestehenden Rechtsrucks in Deutschland.
Damit einher geht die immer weiter voranschreitende Normalisierung rechter Ideen und Strukturen auf kommunaler Ebene in fast allen Teilen der Bundesrepublik und ein Wiedererstarken rechter Positionen innerhalb jüngerer Wählergruppen.
Dabei hat sich diese Entwicklungen auch in Dresden in den letzten Monaten auf verschiedenste Art und Weise bemerkbar gemacht, sei es durch das Auftreten neuer meist sehr junger faschistischer Nachwuchsgruppen oder den offensiveren Anbiederungsversuchen “bürgerlicher” Parteien gegenüber rechter Positionen und Ideen auch auf kommunaler Ebene. So wird auch hier Stück für Stück klarer, dass der Rechtsruck immer spürbarere Folgen für emanzipatorische Ideen und Orte hat, welche sich zunehmend mit wegfallenden Förderungen, Schikanen durch nach rechts gekippte kommunale Instituionen oder der wieder steigenden Bedrohungslage durch rechte und faschistische Umtriebe auf der Straße konfrontiert sehen müssen.
Die radikale Rechte schwimmt also in Sachsen weiter auf einer Erfolgswelle. Was sich durch das zunehmend gewaltvollem Auftreten gerade junger Rechter, wie der brutale Angriff auf den SPD Politiker Matthias Ecke in Dresden oder Störversuche verschiedener CSD in Dresden und im ganzen Land zeigt.
In der Zwischenzeit nehmen vermeintlich aufrechte Demokrat:innen und Parteien die Entwicklungen zum Anlass, immer wieder zu sogenannten Demokratie- oder “Brandmauer”-Kundgebungen aufzurufen. Linksradikale Gruppierungen, Forderungen und Ideen sind dabei jedoch überwiegend unerwünscht. Stattdessen bekennen sich Grüne, SPD, FDP und Teile der CDU zu diesen Protesten. Ebenjene, die “endlich wieder im großen Stil abschieben” (Olaf Scholz) wollen, oder Bezahlkarten für Geflüchtete fordern und einführen. Die seit Jahren bestehende Gewalt von rechts wird von diesem breiten Bündnis fast vollständig außer Acht gelassen und man konzentriert sich auf die “drohende Gewalt”, die käme, wenn die AfD bei den Wahlen noch ein paar Prozentpunkte nach oben klettern würde.
Auch die Auslieferung von Antifaschist:innen nach Budapest und die anhaltende Repressionswelle gegen organisierte Antifaschist:innen zeigen, wo der Staat die Gefahr für die Demokratie ausmacht.
Natürlich erwarten wir von parlamentarischen Vertreter:innen wie SPD, Grüne und CDU nichts anderes, als den immer wiederkehrenden Hufeisen-Weitwurf, dennoch zeigen die aktuellen Entwicklung wiedereinmal deutlich, dass die Schreie nach einer “wehrhaften Demokratie” lediglich bedeuten, die Gewalt des Staates zu festigen und auszubauen.
Zwar gibt man vor die AfD und ihre Helfer:innen bekämpfen zu wollen sieht aber nicht ein, dassdie AfD ihre Erfolge und politischen Landgewinne nicht nur deshalb feiert, weil sie antidemokratisch auftritt, sondern weil ihre menschenverachtende Hetze und Politik in dieser Demokratie hervorragend aufgeht. Sie können sich perfekt in das System integrieren, ihre Ideologie verbreiten und in der Bevölkerung festigen.
In der Bundesrepublik herrscht seit Jahren eine rechte Hegemonie, gerade in den ostdeutschen Bundesländern, die sich auch in den Parlamenten auf Landes- und Bundesebene niederschlägt. Genauso wie in den Parteien, welche in verschiedenen Gremien vertreten sind.
Der sog. Rechtsruck in Form einer autoritären Formierung zieht sich durch Parteien und Parlamente und ermöglicht es so der AfD und anderen Faschist:innen ihre Erfolge in der rassistischen und autoritären Normalität der BRD zu zementieren.
Der Staat und seine Institutionen, die Verteidiger:innen der Demokratie, helfen dabei sogar fleißig weiter, in dem sie die Verschärfung von Gesetzen fordern oder neue Gesetze zur Überwachung auf den Weg bringen.Dies scheint ganz im Sinne der sog. Demokratieproteste. Anstatt sich geschlossen mit allen Opfern rechter Gewalt zu solidarisieren, fordert man, die Demokratie mit starken und wehrhaften Werkzeugen auszustatten.
Diese Demokratie und dieser Staat können im Kampf gegen den Faschismus niemals verlässliche Verbündete sein. Eine “wehrhafte Demokratie” bedeutet am Ende lediglich schärfere Gesetze, mehr Kontrolle und einen weiteren Schritt nach vorne für eine autoritäre Formierung des Staates. Dies hilft uns weder als radikale Linke noch als progressiv denkende Menschen. Im Gegenteil – mit diesen Forderungen schafft man die Grundlage unserer Unterdrückung und legt der extremen Rechten, im Falle einer Regierungsbeteiligung, noch den Ball auf den Elfmeterpunkt.
Wir als radikale emanzipatorische Linke wollen und werden diesen Entwicklungen weiterhin nicht tatenlos gegenüberstehen. Trotzdem sehen wir zugleich aber, das wir uns auch nicht auf eine “bürgerliche Mitte” verlassen können, die die Kriminalisierung von Antifaschist*innen immer weiter vorantreibt und auf selbsternannten “Brandmauer-Demonstrationen” die Gleichsetzung der vermeintlichen politischen Ränder vorrantreibt.
Daher ist für uns klar, wir können uns weder auf den Staat noch auf seine Vertreter:innen verlassen. Als Linke müssen wir den antifaschistischen Selbstschutz weiter aufbauen und organisieren. Denn die Gewalt der extremen Rechten existiert nicht erst seit dem Angriff auf Matthias Ecke.
Nein, sie ist kontinuierlich und trifft vor allem, die Menschen, die keine Meldung in den Tagesthemen wert sind. Migrant:innen, Linke und Linke Projekte, Punks, Menschen mit Beeinträchtigungen oder ganz einfach nicht-rechte Jugendliche. Die Verteidiger:innen der Demokratie werden diese Personen auch nicht mit ihren Gesetzesverschärfungen schützen können. Viel mehr sorgt die Law and Order Politik für eine verschärfte Gefährdung jener Personengruppen.
Was es für den Kampf gegen Rechts braucht, sind also keine Lichterketten oder demokratische Selbstbeweihräucherung, sondern Solidarität untereinander, linke Antworten auf die Krisen unserer Zeit und eine Auseinandersetzung mit dem Faschismus, welche Hand und Fuß hat.