Nachschlag zu Christine Langhammer und ihrer Wurzelküche
In Anbetracht der Fülle an Kommentaren und deren Inhalten, die Christine Langhammer bezugnehmend auf unseren Text “Christine Langhammer und ihre Wurzelküche – Eine Schnittstelle regionaler völkischer Siedlungsprojekte und der Anastasia-Bewegung” auf diversen Kanälen äußert, empfinden wir es als angebracht inhaltlich auf diese zu reagieren. Den Großteil der Aussagen Christine Langhammers haben wir aus zwei Diskussionen in der Facebook-Gruppe Dresden Vegan entnommen. Beide Diskussionen finden sich in Gänze am Ende dieses Beitrages.
Im oben genannten Textbeitrag stellen wir folgende zwei Kernaussagen auf:
1. Die als Anastasia bekannte Buchreihe, wie auch die sich daraus speisende Bewegung transportieren in vielfältiger Weise antisemitische, antifeministische, rassistische sowie autoritäre Elemente.
2. Christine Langhammer bewegt sich wissentlich in extrem rechten Kreisen und versucht gemeinsam mit Personen aus diesen die praktische Umsetzung der Anastasia-Ideologie.
Die Reaktionen Christine Langhammers in Beiträgen auf Facebook, Twitter und in Telegram-Kanälen zeigen vor allem Abwehrreflexe. Das Vorhandensein antisemitischer oder anderweitig problematischer Stellen in den Anastasia-Werken leugnet sie oder behauptet, diese seien in ihren Ausgaben nicht auffindbar. Ihre Kritiker:innen bezichtigt sie der Lüge, wirft ihnen zuweilen Unwissenheit vor oder meint, dass diese lediglich der Heinrich Böll Stiftung “nachplappern” würden.
In der Summe gelingt es Christine Langhammer an keiner Stelle, die oben genannten Punkte inhaltlich zu widerlegen. Selbiges gilt auch für die vorgebrachte Kritik Dritter in den sozialen Netzwerken. Stattdessen versucht Christine Langhammer weiterhin ein vermeintlich weltoffenes und buntes Selbstbild aufrechtzuerhalten.
Im Folgenden gehen wir auf einige der Äußerungen Christine Langhammers ein.
In der Facebook-Gruppe Dresden Vegan entgegnet Christine Langhammer der Kritik an ihr mit dem altbekannten Taschenspielerinnentrick “Ich kann keine Rassistin sein, denn …!”. Dies geschieht in dem sie auf ein Bild auf ihrer Facebook-Seite verweist, auf dem sie gemeinsam mit PoCs (People of Color) an einem Tisch vor der Wurzelküche zu sehen ist. Unabhängig davon, dass bisher kaum jemand wusste wer und welche Ideologie hinter der Wurzelküche stehen, ist dieser Abwehrreflex so durchschaubar wie dumm.
Natürlich haben wir innerhalb unserer Recherchen auch dieses Bild auf ihrer Facebook-Seite entdeckt. Jedoch – und auch hier hilft aufmerksames Lesen, Frau Langhammer! – haben wir an keiner Stelle behauptet, Christine Langhammer äußere sich offen rassistisch oder sei eine Rassistin.
Stattdessen zeigen wir mit unserem Text auf, welche problematischen ideologischen Versatzstücke – eben auch rassistische – mit dem Propagieren der Anastasia-Ideologie vermittelt werden. Weiterhin verdeutlichen wir die Folgen der Umsetzung der Anastasia-Ideologie.
Unter Einbezug der von Christine Langhammer vorgerbachten Äußerungen, der von ihr veröffentlichten Inhalten im Internet und in Anbetracht ihrer Kontakte, sind wir im Rahmen unserer Recherchen zu unserem oben genannten Textbeitrag daher zu dem Entschluss gekommen, sie als eine Netzwerkerin mit Scharnierfunktion zu beschreiben. Sie ist ideologische Türöffnerin für rechtsoffenes und völkisches Gedankengut hinein ins esoterische Lager sowie in ökologische und alternative Milieus.
Am 17. November äußert Christine Langhammer auf unserer Facebook-Seite, dass sie nicht antisemitisch denken würde. Auch hier müssen wir klarstellen, dass sie in unserem Textbeitrages weder als Antisemitin bezeichnet wird, noch behaupten wir darin sie denke antisemitisch. In Anbetracht ihrer Äußerungen werden wir dies jedoch zukünftig tun. Warum?
Am Abend der Veröffentlichung unseres Textes, dem 10. November, schreibt Christine Langhammer auf Twitter, dass am Vorabend “ein junges Mädchen” ihr Anastasia-Buch zerrissen habe. Dabei vergleicht sie die Person mit einem Nazi. In einem weiteren Tweet setzt Christine Langhammer die heutigen Anastasia-Anhänger:innen mit jüdischem Leben zur Zeit des Nationalsozialismus gleich.
Screenshots von Tweets der Christine Langhammer zu unserem Tweet zur Wurzelküche.
Dass nun aber ausgerechnet am Abend des 9. November jemand ihr Buch zerissen habe, ist vermutlich nicht deswegen geschehen weil Anastasia-Anhänger:innen als “die neuen Juden” gelten, unterdrückt und verfolgt werden, sondern weil Christine Langhammer am 9. November, dem Jahrestag der Novemberpogrome von 1938, aus einem Buch der antisemitischen Anastasia-Reihe lesen wollte.
Christine Langhammers Argumentationsweise stellt eine, in unseren Augen geschichtsrevisionistische Instrumentalisierung der Opfer der Shoah dar. Sie ist eine Relativierung der im Nationalsozialismus durchgeführten industriellen Massenvernichtung menschlichen Lebens.
Auch im Messenger-Dienst Telegram ist Christine Langhammer sehr aktiv. Dort vernetzt sie sich mit Personen verschiedener Spektren unter dem Deckmantel der Ökologie und des Naturschutzes. Exemplarisch hierfür ist die von ihr gegründete Telegram-Gruppe zur Rettung der Wildschweine im Moritzburger Wildgehege (mitlerweile in “Tierschutz Aktionsgruppe” umbenannt). In dieser Gruppe geteilte antisemitische Inhalte bleiben kommentarlos stehen oder ernten Zustimmung. Auf Kritik an diesen entgegnet Christine Langhammer mit dem Rauswurf aus der Gruppe – so geschehen am 5. November, belegt mit folgenden Screenshots.
Screenshot aus der Telgram-Gruppe “Tierschutz Aktionsgruppe”: Kritik am Antisemtitmus ist für Christine Langhammer “Energie”, die sie dort nicht haben möchte.
In der Facebook-Gruppe Dresden Vegan belegt ein Person mittels Quellennachweis und Zitaten antisemitsche Inhalte der Anastasia-Bände. Dem entgegnet Christine Langhammer, dass in ihrem Buch jene Textstellen schlicht fehlen würden. Weiterhin äußert sie, dass “[a]n keiner Stelle in dem Buch behauptet [wird], daß Juden schlechte Menschen sind und bleiben. Es wird nur über ihre Geschichte berichtet”.
Mit dieser und darauf folgenden Aussage bezieht sich Christine Langhammer jedoch nicht nur auf die in der Kritik genannten Zitate, sondern paraphrasiert dabei Abschnitte, die in ihrer Ausgabe angeblich fehlen. In ihrer Buchausgabe, so Langhammer weiter, gehe es “um das jüdische Volk” und dabei werde beschrieben “wie es 40 Jahre durch die Wüste geführt wurde und dort in eine Art hypnotischen Schlaf verfallen ist.”
In jenem Textabschnitt [1] im sechsten Band Das Wissen der Ahnen der Anastasia-Reihe heißt es aber auch, dass die Juden vom “Oberpriester” zu seinem “priesterlichen Heer” gemacht wurden. Dieser habe sie zu manipulierbaren “Bio-Robotern” programmiert und verpflichtet, die Herrschaft über die Menschen auf der ganzen Erde zu ergreifen. Als wohlhabende, hinterlistige Verschwörer:innen und Betrüger:innen hätten Jüd:innen laut Megres Werk „vor den Menschen Schuld“. Hier wird nicht nur der antisemitische Verschwörungsmythos der jüdischen Weltverschwörung ins Feld geführt. Wenn Megre von “der jüdischen Schuld vor den Menschen” schreibt, meint er die Schuld in dem Sinne, als dass die immer wieder geschehenen Pogrome gegen jüdisches Leben nicht nur vermeidbar gewesen wären, wenn die Jüd:innen nur aufgehört hätten, zu versuchen die Weltherrschaft zu ergreifen. Nein, so werden antisemitischer Hass, Pogrome und in letzter Konsequenz die Vernichtung jüdischen Lebens gar gerechtfertigt. “Das bestätigt die Tatsache, dass viele Juden wohlhabend sind und sogar auf die Regierung Einfluss nehmen können” so Megre [2] weiter. In Band 8.1 schreibt er sogar: “Die Juden haben die Presse verschiedener Länder unter ihre Kontrolle gebracht”; “das Fernsehen ist von Grund auf jüdisch”; “der Geldfluss in der Welt wird zum größten Teil von Juden kontrolliert.” Das ist alles so, keine Frage, auch im heutigen Russland. Aber dies allein ist nicht mehr als eine Feststellung von Tatsachen” [3]. Doch ob Christine Langhammer diese antisemitschen Passagen im Werk nicht versteht oder bewusst ausblendet, das lässt sich nicht klären. Denn “[e]hrlich gesagt, haben mich diese Teile der Bücher nicht so sehr interessiert” so Langhammer weiter.
Doch das muss Christine Langhammer auch gar nicht interessieren, träumt sie doch von einer Siedlung in der alle “guten” Menschen willkommen sind – ganz einfach. Nur wer definiert hier gut und was gut bedeutet? Wenn Christine Langhammer in einem Posting auf ihrer Facebook-Seite George Soros als schuldig an den Ursachen und Folgen der Ermordung George Floyds befindet, so bleibt zweifelhaft, ob er für sie dann noch einer der Guten ist. Wird er in ihrer Siedlung willkommen sein?
Christine Langhammers macht auf ihrer privaten Facebook-Seite George Soros für den Mord an George Floyd verantwortlich und stellt den Mord als politisch geplant dar. Soros ist bereits seit Jahrzehnten Inhalt antisemitischer Verschwörungsmythen. Das Klicken auf den Text öffnet den kompletten Screenshot. in einem neuen Tab
Vermutlich sind auch jene nicht die Guten, denen Christine Langhammer entsprechend der Anastasia-Reihe die Fäden zur Lenkung dieser Welt in den Händen halten sieht. Namentlich die bereits weiter oben genannten sechs “Hohepriester” und das von ihnen “programmierte” jüdische Volk, insofern es sich nicht “ändert”. Ein Bild, das auf jene sechs Hohepriester anspielen könnte, das findet sich auch auf ihrer Facebook-Seite.
Da passt es auch ganz gut, dass Christine Langhammer ihrem dualistischen Weltbild eines Schematas von Freund-Feind/Gut-Böse entsprechend, in Deutschland keine Demokratie mehr wahrnimmt. Stattdessen verfällt sie der Wahnvorstellung von einer “Pharma-Diktatur”, einem “Krieg gegen die Bürger” mittels “geplanter Pandemie”.
Zwei Screenshots, exemplarisch für die zahlreichen verschwörungsideologischen Inhalte, die seit Anbeginn der Corona-Pandemie auf Christine Langhammers privater Facebook-Seite geteilt werden.
Screenshots aus der Facebook-Gruppe “Dresden Vegan”.
Codiert finden wir ähnliches auch in Wladimir Megres Anastasia-Werken. Dort wird eine im Verborgenen agierenden Riege rund um den jüdischen „Oberpriester“ beschrieben. Diese habe das Böse in die Welt gebracht, damit den paradiesischen Urzustand beendet und versucht seitdem das Wissen um diesen Urzustand zu verheimlichen [4]. Die Riege lenke im Hintergrund das Weltgeschehen und versklave die Herrschenden wie Beherrschten der einzelnen Staaten. Um dabei ihre Macht zu verschleiern und ihre Herrschaft aufrecht zu erhalten, schuf der Hohepriester, ein Dämon namens “Kratie”, ein System. In diesem sollen sich alle Sklav:innen frei fühlen, um ihre Unterdrückung nicht wahrzunehmen. Dieses System benannte er seinem Namen nach: Demokratie (= Dämon + Kratie) [5].
Ob Christine Langhammer diese Zusammenhänge zwischen der Anastasia-Reihe und den darin enthaltenen antisemitischen, rassistischen, antifeministischen, autoritären sowie antidemokratischen Elementen kognitiv begreift und diese wohlwissend verschleiert oder nicht, das bleibt weiterhin offen.
Festzuhalten bleibt, dass Christine Langhammer einer Vielzahl verschwörungsideologischer Ideen anhängt. Kombiniert mit dem Weltbild innerhalb der Anastasia-Bücher, könnte dies eine für sie schlüssige Auflösung der Widersprüche unserer kompliziert erscheinenden, modernen Gesellschaft sein. So ist Christine Langhammer am Ende wohl nur das, was sie ihren Kritiker:innen vorwirft zu sein: Ein “Schlafschaf”. Verfallen dem “System” Wladimir Megres und verblendet von dessen blumigen Erzählungen in der Anastasia-Reihe.
Abschließend stellt sich uns nur noch eine relevante Frage: Wieso bedarf es für das Bio-Gärtnern überhaupt der Anastasia-Schriften von Wladimir Megre, wenn nicht zur Weitergabe der darin vorkommenden Ideologie der Ausgrenzung?
[1] Megre, Wladimir (2011): Anastasia. Das Wisen der Ahnen. Aus dem Russischen übersetzt von Sylvia Schäfer. Anastasia Bd. VI. 5. Aufl., Güllesheim, Deutschland: Silberschnur, S. 171-177.
[2] Ebd, S. 174.
[3] Megre, Wladimir (2011): Anastasia. Neue Zivilisation. Aus dem Russischen übersetzt von Helmut Kunkel. Anastasia Bd. VIII – Teil 1. 3. Aufl., Güllesheim, Deutschland: Silberschnur, S. 138.
[4] Megre, Wladimir (2011): Anastasia. Die Energie des Lebens. Aus dem Russischen übersetzt von Leo Tetzlaf. Anastasia Bd. VII. 3. Aufl., Güllesheim, Deutschland: Silberschnur, S. 58-59 und S. 97.
[5] Megre, Wladimir (2011): Anastasia. Neue Zivilisation. Aus dem Russischen übersetzt von Helmut Kunkel. Anastasia Bd. VIII – Teil 1. 3. Aufl., Güllesheim, Deutschland: Silberschnur, S. 65.
Im folgenden finden sich die beiden Diskussionen in der Facebook-Gruppe Dresden Vegan. Ein Klick auf den Text über dem Bild öffnet den kompletten Screenshot in einem neuen Tab.
Diskussion #1
Diskussion #2